Während der Promotionszeit wurde mir klar, dass ich mich in einer wirklich glücklichen Lage befand: ich war frei, gesund und hatte Zugang zu Bildung. Diese Erkenntnis weckte in mir den Wunsch, etwas zurückzugeben und anderen zu helfen, die weniger privilegiert waren. Durch Zufall bin ich auf eine Idee gestoßen, die ein Freundin von mir treffend „Wahlverwandtschaften“ genannt hat. Da ich meine Mutter schon früh verloren hatte, war ich mir der Bedeutung von „Wahl-Familienmitgliedern“ bereits bewusst – wertvolle Menschen, mit denen man nicht blutsverwandt ist, sondern die man durch eigene Wahl in den Kreis der Familie aufnimmt. So kamen meine Freundin und ich auf die Idee, eine Online-Plattform aufzubauen, die Menschen verbindet, denen verwandtschaftliche Nähe fehlt.
Selbstverständlich sollte dies für uns eine gemeinnützige, durch Spenden finanzierte Angelegenheit sein. Und hier begegnete ich meinem ersten „NEIN“ in Sachen Innovation: Unser Konzept der Vermittlung von Beziehungen zwischen „Familienmitgliedern“ war so neu und innovativ, dass es in keine der üblichen steuerlichen Kategorien der Gemeinnützigkeit passte. Das Konzept war noch nicht einmal durch das deutsche Vereinsrecht gedeckt. Und so weigerte sich das Finanzamt, unseren Status der Gemeinnützigkeit anzuerkennen. Sie sagten „NEIN“.
Doch wir waren von der Notwendigkeit einer solchen Plattform so überzeugt, dass wir uns weigerten, unsere Idee aufzugeben. Über zwei Jahre kämpften wir gegen dieses „NEIN“ an, und am Ende wurde unsere Hartnäckigkeit belohnt: Unsere Plattform erhielt den Status der Gemeinnützigkeit, und wir wurden sogar von einer großen Frauenzeitschrift mit einem Preis ausgezeichnet!
Die Lehre, die ich daraus und aus den zehn Jahren, in denen ich aktiv am Betrieb der Plattform beteiligt war, gezogen habe, ist: Wahre Innovation stellt den Status quo in Frage und ebnet den Weg für Veränderungen. Leider sind wir Menschen darauf gepolt, uns gegen Veränderungen zu wehren. Wenn du also in Bereiche vordringst, die den Menschen bisher unbekannt sind oder zumindest von anderen nicht vollständig verstanden werden, wirst du zwangsläufig auf viele „NEINs“ stoßen. Lass dich davon aber auf keinen Fall aufhalten! Ein „NEIN“ muss nicht das Ende bedeuten, es kann auch der Anfang sein – von etwas Großem, etwas wirklich Innovativem, etwas, das zu einem echten Game-Changer wird. Ein „NEIN“ kann am Ende deine größte Motivation und Quelle für Innovationskraft und Resilienz sein. Vielleicht geht es dir am Ende wie mir: Du lernst, das Wort „NEIN“ zu lieben – weil es dich anspornt und dir hilft, besser zu werden.