Die Unternehmenskultur ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, agile Arbeitsprozesse zu fördern. Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter:innen zur Selbstorganisation befähigen – und damit auch Kontrolle abgeben. Agile Methoden brauchen flache Hierarchien. Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden können. Auch offene Kommunikation und eine transparente Fehlerkultur sind von großer Bedeutung: Fehler sollten als Chance betrachtet werden. Denn nur wer Fehler macht, kann aus ihnen lernen. Vertrauen spielt eine große Rolle, da agiles Arbeiten meist experimentell und selbstorganisiert geschieht. In jedem Experiment passieren Fehler, deshalb ist ein vertrauensvolles Verhältnis im Team, aber auch zwischen den Mitarbeiter:innen und der Führungsebene enorm wichtig.
Zu agilen Werten gehören vor allem Commitment, Fokus, Offenheit und Mut, um möglichst effizient und harmonisch zusammenzuarbeiten.
Wichtig beim agilen Arbeiten ist die Festsetzung von klaren Visionen und konkreten Zielen, die – gepaart mit eigenverantwortlicher Teamarbeit – die Reaktionsfähigkeit und die Effizienz der Unternehmen steigern. Bei diesem ergebnisoffenen Prozess ist zu Beginn selten klar, wie der konkrete Lösungsweg aussieht, sondern eher was man als Team gemeinsam erreichen möchte. Dafür sind Freiraum und Vertrauen nötig. So schaffen es Unternehmen angemessen auf die steigende Komplexität und Dynamik der Arbeitswelt zu reagieren. Dabei spielt vor allem der Lean UX-Ansatz eine Rolle, der die Nutzerzentrierung in den Fokus rückt. Dazu gehören spezielle Vorgehensweisen wie Scrum oder Design Sprints. Mithilfe dieser Projektmanagementmethoden wird eine iterative Arbeitsweise gefördert, die mit Lernschleifen nach dem Prinzip „Build – Test – Learn – “ aufgebaut ist. Dadurch können Fehler frühzeitig entdeckt und das Risiko von Fehlentwicklungen minimiert werden.
Muss eigentlich jeder heute agil arbeiten?
Nicht jede Lösung für jedes Problem muss agil erarbeitet werden. Es gibt offensichtliche Probleme, die einfach lösbar sind und dabei bestens ohne einen agilen Prozess auskommen. Ein Beispiel: Wenn ein Abrechnungssystem immer die falsche Rechnung ausgibt, sollte man den Fehler auf direktem Weg suchen. In der Regel gilt: Je komplexer das Problem, desto besser eignen sich agile Prozesse. Generell würde ich sagen, dass agile Prinzipien, Arbeitskultur und Mindset grundsätzlich für jedes Unternehmen sinnvoll sind. Dennoch sollte man immer genau analysieren, ob die Methoden zum Bedarf der jeweiligen Abteilung oder Rolle im Unternehmen passen. Kurz gesagt: Nicht jede:r muss mit Scrum arbeiten.
Wie können agile Methoden im Homeoffice umgesetzt werden?
Zuerst muss man mit den richtigen digitalen Tools ausgestattet sein – und in der Lage sein, diese auch zu bedienen. Ein großer Mehrwert agilen Arbeitens ist das stark teamorientierte Vorgehen, vor allem in Workshops. Gerade in Zeiten von COVID-19, wo Teams sich womöglich schon mehrere Monate nicht mehr persönlich getroffen haben, wird so der Zusammenhalt gefördert. Bei agilem Arbeiten geht es darum, Dinge sichtbar und greifbar zu machen – auch das kann im Homeoffice helfen. Viele haben mit der Arbeit von Zuhause gelernt, sich besser selbst zu organisieren – davon profitiert wiederum das agile Arbeiten, das auf dieser Selbstorganisation des Einzelnen basiert.
Durch die Freiräume, die agiles Arbeiten in Unternehmen schafft, werden Mitarbeiter:innen motivierter, da sie mehr Verantwortung erhalten und sich dadurch mit getroffenen Entscheidungen besser identifizieren können.
Wie schaffen Unternehmen den Wandel zu agilen Arbeitsmethoden?
Agiles Arbeiten bringt Organisationen voran – bei der Einführung müssen sie aber oft auch Barrieren überwinden. Agiles Arbeiten sollte selbst auch agil und nutzerzentriert im Unternehmenskontext eingeführt werden. Da gibt es keine „one size fits all“-Strategie.
Möchte man agiles Arbeiten konzernweit in die Diskussion bringen, werden oft Leuchtturmprojekte oder Innovationslabore aufgesetzt. Das sind gute Wege, um Methoden erfahrbar zu machen und ihre Wirksamkeit im konkreten Kontext der Organisation unter Beweis zu stellen. Ein Wandel auf kultureller Ebene braucht aber auch Zeit. Er muss sich nach und nach verankern.