Interview

Große Fabriken, kleinerer Fußabdruck

Zwei Standortleiter über datengestützte Nachhaltigkeit in der Produktion

Klimaschutz Digitalisierung 02.09.2021
Henkel’s Dragon Plant in Shanghai is the largest adhesives production site in the world.

„Man kann immer besser werden“ – das ist das Motto unserer Produktionsteams auf der ganzen Welt. Rund um den Globus arbeiten wir kontinuierlich daran, die Energieeffizienz zu steigern und den ökologischen Fußabdruck unserer Fabriken zu verringern. Zwei Standortleiter, Carlos Beristain aus unserer Laundry & Home Care-Produktion in Düsseldorf und Qinghua Xu von unserem Adhesive Technologies-Werk in Shanghai, geben Einblicke, wie digitale Technologien und ständige Optimierung die Sicherheit und Nachhaltigkeit an diesen beiden preisgekrönten Standorten permanent vorantreiben.

Bitte erzählt uns von erstmal etwas über euren Produktionsstandort.

Carlos: Unser Werk in Düsseldorf ist der zweitgrößte Produktionsstandort unseres Unternehmensbereichs Laundry & Home Care. Wir sind stolz darauf, dass hier alles angefangen hat – und gleichzeitig ist es auch der Ort, an dem viele neue Dinge ihren Lauf nehmen. Wir haben 2020 einige Auszeichnungen erhalten, unter anderem als „Lighthouse“-Fabrik vom Weltwirtschaftsforum und die Auszeichnung als Fabrik des Jahres vom Excellent Production Network. Derzeit produzieren wir hier in Düsseldorf jährlich rund 400.000 Tonnen unserer Produkte, von Waschmitteln bis hin zu Geschirrspül-Tabs und Oberflächenreinigern.


In der Waschmittelproduktion in Düsseldorf, dem zweitgrößten Standort des Unternehmensbereichs Laundry & Home Care von Henkel, werden jährlich rund 400.000 Tonnen Produkte hergestellt.

Qinghua: Das ist sehr beeindruckend! Im Vergleich dazu ist die „Dragon Plant“ von Henkel in Shanghai recht neu. Der Standort wurde 2013 eröffnet. Als größter Produktionsstandort der Welt für Klebstoffe produzieren wir in der Dragon Plant ausschließlich für unsere Kunden von Adhesive Technologies – derzeit jährlich 150.000 Tonnen an Produkten. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Klebstoffe, die in der Verpackungs-, Automobil- und Elektronikindustrie eingesetzt werden.


Die „Dragon Plant“ in Shanghai wurde 2013 eröffnet. Sie ist der größte Produktionsstandort für Klebstoffe weltweit.

Welche Technologien und Funktionen habt ihr an euren Standorten implementiert?

Carlos: In Düsseldorf arbeiten wir daran, die datengestützte Dekarbonisierung voranzutreiben. Mit unserem global eingeführten System zur Messung des Energieverbrauchs überwachen wir unseren gesamten Verbrauch weltweit. Dazu gehört auch der Energieverbrauch unserer Sprühtrocknungstürme, wo wir das Basispulver für unsere Waschmittel herstellen. Dieser Prozess macht einen wesentlichen Anteil am gesamten Verbrauch unseres Unternehmensbereichs Laundry & Home Care in Düsseldorf aus. Durch die Erfassung weiterer Daten über den Energieverbrauch während dieses Prozesses ergeben sich Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern und den damit verbundenen CO2-Fußabdruck zu verringern. All diese Daten stellen wir in unserem globalen Digital-Backbone-System zur Verfügung.

Wir gehen jetzt einen Schritt weiter und installieren nach und nach weitere Sensoren innerhalb und außerhalb des Sprühtrocknungsturms in Düsseldorf. Auf diese Weise können wir mehr Daten sammeln, die wir nutzen, um den Betrieb des Turms durch die Verbesserung des Kontrollsystems weiter zu optimieren. In unserem Werk in Düsseldorf wird dieser Ansatz als Pilotprojekt durchgeführt, und wir planen, diesen in Zukunft auch an unseren anderen Pulverproduktionsstandorten einzuführen. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit einem datengestützten Ansatz und dem Austausch von Erkenntnissen innerhalb unseres Produktionsnetzwerks noch mehr Möglichkeiten identifizieren können, wie wir die Energieeffizienz an allen unseren Standorten weiter steigern können.

Quinghua: Seit der Inbetriebnahme der Dragon Plant im Jahr 2013 haben wir alle möglichen Schritte unternommen, um den ökologischen Fußabdruck unseres Standorts weiter zu verringern – ein wichtiger Faktor, den wir auch bei der Konzeption und dem Bau des Werks berücksichtigt haben. Dazu gehören eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, das Abwasser zu reduzieren und den Energieverbrauch zu senken. Seit Januar 2021 beziehen wir auch einen Teil unserer Stromversorgung von Solarmodulen, die auf unserem speziellen lichtdurchlässigen Dach installiert sind. Neben der Förderung einer energieeffizienten Produktion richten wir den Fokus auch auf unsere Mitarbeiter:innen. Wir unterstützen sie beispielsweise mit Ladeplätzen für E-Autos bei der Umstellung auf einen nachhaltigeren Lebensstil. Wichtig ist, dass sich all diese Projekte und Investitionen auch finanziell auszahlen. Ich denke, das zeigt, dass ökologischer Fortschritt und Kosteneffizienz eng miteinander verbunden sind.

Qinghua Xu, Standortleiter im Adhesive Technologies-Werk „Dragon Plant“ in Shanghai

Wir haben alle möglichen Schritte unternommen, um den ökologischen Fußabdruck unseres Standorts weiter zu verringern.

   

Welche Rolle spielen erneuerbare Energien?

Carlos: Unser Laundry & Home Care-Standort in Düsseldorf steht kurz davor, einen großen Meilenstein auf unserem Weg zur Verringerung unseres CO2-Fußabdrucks zu erreichen. Unser Ziel ist es, bis 2022 CO2-neutral zu werden, und das wird nur möglich sein, wenn wir auf erneuerbare Energien umstellen, unter anderem auf die Nutzung von Biogas für verschiedene Prozesse. Natürlich werden wir weiterhin hart daran arbeiten, die Energieeffizienz zu maximieren, und die Umstellung auf erneuerbare Energien ist dabei ein wichtiger Schwerpunkt.

Quinghua: Erneuerbaren Energien gehört eindeutig die Zukunft, und wir prüfen verschiedene Möglichkeiten, den Anteil der erneuerbaren Energien an unserer Energieversorgung zu erhöhen. Das ist es auch, was unsere Kunden von uns erwarten. Sie teilen unser starkes Engagement für eine Verringerung des ökologischen Fußabdrucks der gesamten Wertschöpfungskette. Aus diesem Grund haben wir Systeme installiert, die uns helfen, die Menge an Solarenergie zu berechnen, die von jeder einzelnen Maschine verbraucht wird. Warum ist das wichtig? Weil wir so unsere Kunden unterstützen können, indem wir ihnen detaillierte Informationen über die Energie geben, die zur Herstellung der spezifischen Technologien verwendet wird, die sie von uns kaufen.


In der Dragon Plant prüfen wir verschiedene Möglichkeiten, den Anteil der erneuerbaren Energien an unserer Energieversorgung zu erhöhen.

Worauf seid ihr im letzten Jahr besonders stolz gewesen und was motiviert euch für die Zukunft?

Carlos: Wenn ich unser fortschrittliches Digital Backbone sehe, bin ich unglaublich stolz darauf. Es ist großartig zu sehen, wie viel wir erreichen können, wenn wir Digitalisierung als Chance zur Transformation begreifen. Ein Beispiel: Seit der Einführung unseres Online Metering Systems im Jahr 2013 haben wir unseren Energieverbrauch weltweit um 26 Prozent gesenkt. So können wir verborgene Verbesserungspotenziale in jedem Werk aufdecken, während ein transparentes Benchmarking zwischen den Standorten es ermöglicht, Best-Practice-Beispiele zu identifizieren und weiterzugeben. Mit dem modularen Ansatz unseres Digital Backbone können wir neue Elemente flexibel hinzufügen, so wie wir es bei unserem Sprühtrocknungsprozess getan haben. Das Weltwirtschaftsforum hat Henkel zum zweiten Mal als Vorreiter im Bereich Industrie 4.0 ausgezeichnet. Dies ist ein großartiges Zeichen dafür, dass unser Team auf dem richtigen Weg ist – und motiviert uns, unsere gute Arbeit fortzusetzen. In unserer Laundry & Home Care Produktion in Düsseldorf arbeiten wir hart daran, die datengetriebene Dekarbonisierung voranzutreiben. Wir sind überzeugt, dass wir mit Hilfe von Daten weitere Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz identifizieren können.

Carlos Beristain, Standortleiter unserer Laundry & Home Care-Produktion in Düsseldorf

Es ist großartig zu sehen, wie viel wir erreichen können, wenn wir Digitalisierung als Chance zur Transformation begreifen.

   

Quinghua: Das spannendste für mich ist, dass die Dragon Plant signifikante und systematische Verbesserungen in den Bereichen Sicherheit, Qualität, Nachhaltigkeit und Produktivität erzielt hat. Im vergangenen Jahr haben wir bei den Henkel-internen Global Lion Awards den zweiten Platz in der Kategorie „Operational Excellence“ erreicht. Wir sind alle stolz darauf, das Flaggschiff im asiatisch-pazifischen Raum zu sein.
Wie Carlos schon sagte, ist es spannend zu beobachten, wie die Digitalisierung an Fahrt gewinnt. Die durch künstliche Intelligenz (KI) gestützte Automatisierung verändert die Zukunft der Fertigung und unterstützt schlankere Betriebsabläufe und eine höhere Leistung. Gleichzeitig werden Kosten und CO2-Emissionen gesenkt. Henkel ist eindeutig ein Pionier in diesem Bereich. Die ganzheitliche Einführung und Kombination von KI mit unseren Produkten unterstützt unsere Ambitionen, eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen. Wir werden alles dafür tun, diese zukunftsträchtige Veränderung weiter voranzutreiben.

Wie werdet ihr den Standort in Zukunft noch nachhaltiger gestalten und welche Rolle spielen die Mitarbeiter:innen dabei?

Carlos: Unsere nächsten großen Meilensteine sind die Implementierung des automatischen Steuerungssystems für unseren Sprühtrocknungsturm und die Umsetzung eines CO2-neutralen Produktionsstandorts bis 2022. Darüber hinaus wollen wir unser Digital Backbone ausbauen. Es handelt sich um eine leistungsstarke Datenmaschine, die eine große Menge wirklich relevanter, aktueller Daten liefert, die eine detaillierte Analyse ermöglichen. Das eröffnet Möglichkeiten für eine Vielzahl von Maßnahmen, die zu unserer Nachhaltigkeitsstrategie beitragen. Und der Schlüssel dazu sind unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Es ist uns enorm wichtig, alle unsere Mitarbeiter:innen für Nachhaltigkeit zu gewinnen und ihnen die Möglichkeit zu geben, auf jede erdenkliche Weise dazu beizutragen.


Wir unterstützen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen darin, einen möglichst großen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten.

Quinghua: In der Dragon Plant kombinieren wir Top-down- und Bottom-up-Ansätze. Henkel setzt sich stark für Nachhaltigkeit ein. Im Bereich Adhesive Technologies verfügt jeder Standort im asiatisch-pazifischen Raum über einen detaillierten Plan, wie wir jedes Jahr Abfall reduzieren, den Energieverbrauch senken und Wasser sparen können. Dazu gehören viele Projekte, die wir dann in kleinere Arbeitsgruppen unterteilen und gemeinsam umsetzen. Auch das tägliche Handeln jedes einzelnen Mitarbeiters und jeder einzelnen Mitarbeiterin ist wichtig. Um den einzelnen Beiträgen mehr Gewicht zu verleihen, ermutigen wir die Mitarbeiter:innen, sich in größerem Maßstab zu engagieren. Wir verwenden dazu Apps, in denen unsere Mitarbeiter:innen ihre Verbesserungsvorschläge sammeln und teilen können. Außerdem verleihen wir Auszeichnungen, um das Engagement zu würdigen und alle zu motivieren.

Integriert ihr Nachhaltigkeit auch in eurem privaten Leben?

Carlos: Das ist immer einfacher gesagt als getan. Um wirklich etwas zu bewirken, muss man tatsächlich auch die eigene Denkweise ändern. Ich versuche, immer an die Folgen meines Handelns zu denken und diese Denkweise in alles einfließen zu lassen, was ich tue – ob es die Dusche am Morgen ist oder die Prüfung der Arbeitsprozesse an unserem Standort. Im Grunde geht es darum, erst zu denken und dann zu handeln.

Quinghua: Dem stimme ich voll und ganz zu. Wir alle können unseren Teil beitragen, indem wir weniger Abfall erzeugen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen und unseren Lebensstil generell überdenken. Wir können nur etwas Positives bewirken, wenn wir unsere Denkweise grundlegend ändern. Es liegt an uns allen. Daher müssen wir alle als Botschafter und Botschafterinnen auftreten und auf die kleinen Dinge aufmerksam machen, die jede:r tun kann.

INDUSTRIE 4.0

WIE DIE DIGITALISIERUNG DIE PRODUKTION UND LOGISTIK TRANSFORMIERT

Industrie 4.0 ist effizient, digital, nachhaltig, vernetzt und intelligent. So viel ist klar. Aber wofür steht der Begriff eigentlich genau? Er beschreibt die vierte – und komplett digitale – Revolution. Zuletzt hatte der Computer die dritte industrielle Revolution ausgelöst – nach der Dampfmaschine und dem Fließband. Jetzt sorgt die Digitalisierung erneut für einen Wandel der Industrieprozesse. Unternehmen, die Automatisierung, Sensorik, Datenaustausch und Echtzeit-Analytik für sich nutzen, werden schneller, besser, nachhaltiger – und erschließen sich eine neue Welt ungeahnter Möglichkeiten.

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