Was ist der Unterschied zwischen Palmöl und Palmkernöl und welche Rolle spielen diese Rohstoffe in der Herstellung von Wasch- und Reinigungsmitteln, Körperpflegeprodukten und Kosmetik?
Christine Schneider: Neben den schon gerade genannten guten Eigenschaften hat Palmöl auch sehr viele Vorteile für Wasch- und Reinigungsprodukte. Wir nutzen dafür insbesondere das Öl der Kerne, welches ungefähr 10 Prozent der Ernte ausmacht. Wenn wir uns die Frucht vorstellen, sind 90 Prozent Fruchtfleisch, welches innerhalb sehr kurzer Zeit – nämlich einem Tag – in Mühlen zu Palmöl verarbeitet werden muss, da es äußerst schnell verdirbt. Die Kerne wiederum werden zunächst in einer Art „Crusher“ aufgearbeitet und bieten uns dann, nach vielen chemischen Verarbeitungsstufen, die wertvollen Inhaltstoffe für die Tenside. Tenside sind in allen Produkten enthalten, die schäumen, und dort ein fast unersetzbarer Rohstoff. Die einzige Alternative bietet das Kokosöl. Dies ist zum einen jedoch um Längen nicht so effizient und ergiebig wie das Palmkernöl, und zum anderen gibt es noch kein Zertifizierungssystem für die Plantagen. Für uns ist daher nachhaltiges Palmöl in zertifizierter Form die beste Option.
Die Palmfrucht besteht aus ungefähr 90 Prozent Fruchtfleisch, welches schnell verdirbt und innerhalb eines Tages verarbeitet werden muss und 10 Prozent Kernanteil, welcher insbesondere für die Herstellung von Tensiden wichtig ist.
Was ist der RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) und warum wurde dieser in der Vergangenheit oft kritisiert?
Moriz Vohrer: Der RSPO wurde 2004 vom WWF initiiert: Hier kommen alle Akteur:innen, also die NGOs, die Unternehmen, die Wissenschaft und verschiedene andere Beteiligte, an einem Tisch zusammen. Die Herausforderung war anfangs zunächst, eine gemeinsame Sprache zu finden und gegenseitiges Verständnis zu entwickeln – die Basis, um dann Mindeststandards, soziale und ökologische Kriterien festlegen zu können. Das hat beim RSPO sieben Jahre gedauert. Sieben Jahre, bis das anfängliche Regelwerk stand. Mittlerweile liegt die dritte Version vor und viele Akteur:innen sind heute wesentlich zufriedener. Anfänglich mussten, wie gesagt, erst Kompromisse geschlossen werden, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Dieser Nenner hat sich aber über die Jahre weiterentwickelt und ist sehr viel größer geworden.
Die Partnerschaft zwischen Solidaridad und Henkel besteht nun schon seit fast zehn Jahren. Woran arbeiten beide Partner gemeinsam?
Christine Schneider: Der Beginn unserer Partnerschaft mit Solidaridad im Jahr 2012 war ein wichtiger Meilenstein für uns. Wie wir wissen werden 40 Prozent der globalen Palmölmenge von Kleinbauern und -bäuerinnen erwirtschaftet. Wenn der Zertifizierungsprozess beginnt, ist es für Kleinbauern und -bäuerinnen jedoch unmöglich, die Anforderungen direkt zu erfüllen und am System teilzunehmen. Da zertifiziertes Palmkernöl äußerst knapp ist, wollten wir Abhilfe schaffen, indem wir die Ertragsleistung von Kleinbauern und -bäuerinnen auf der bestehenden Fläche, ohne weitere Ausbreitung, steigern. Angefangen haben wir in Honduras, mittlerweile sind wir in vielen anderen Ländern Lateinamerikas, Indonesien und auch in Nigeria und Ghana aktiv. Im Jahr 2013 haben wir das Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP) mitgegründet, das zwar einen ähnlichen Ansatz wie der RSPO verfolgt, in seinen Forderungen aber noch deutlich weiter geht. Mittlerweile stehen auch zwei Bundesministerien als Mitglieder hinter der Arbeit des Forums. Sie können als starke Befürworter und Partner auch die politischen Aspekte abdecken.
Ziel des 2013 von Henkel mitgegründeten Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP) ist es, den Anteil nachhaltig erzeugten Palmöls auf dem deutschen, österreichischen und Schweizer Markt schnellstmöglich signifikant zu erhöhen und gleichzeitig existierende Standards und Zertifizierungen zu verbessern. (Foto: Christine Schneider bei einem Vortrag des FONAP in Berlin, 2019.)