Viewpoint

Von Jetset zu Klimaschutz: Warum man nicht perfekt sein muss, um nachhaltig zu leben

Ein Beitrag von Janine Steeger, freie Moderatorin, Speakerin und Medientrainerin zu den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit

Verantwortung Verantwortung 19.11.2020
Das Projekt „Futurewoman“ unterstützt Frauen bei ihren Karrieren.

   

Ich sag’s euch ganz ehrlich: Manchmal bin ich als Green Janine total gestresst von so manchem Hardcore-Öko. Das ist mutig, dass ich das so sage. Schließlich habe ich sehr viel dafür getan, um die „grüne Szene“, wie ich sie nenne, von mir, der ehemaligen Boulevardjournalistin, zu überzeugen. Ich war mal ein RTL-Gesicht, habe jahrelang Deutschlands Boulevardmagazin Nummer 1 - Explosiv - moderiert. 2011 begann meine persönliche Veränderung, ausgelöst durch die Geburt unseres Sohnes und die Fukushima-Katastrophe im selben Jahr. Wie vom Donner gerührt habe ich damals angefangen Fragen zu stellen: Was machen wir da mit unserer Lebensgrundlage? Wie können wir den Planeten schützen? Was kann ich ganz persönlich tun? In der Folge habe ich mein ganzes Leben umgekrempelt. Zunächst mein Privatleben, aber irgendwann schaffte ich es nicht mehr, das Thema täglich am Eingang von RTL abzugeben. Also versuchte ich meine Vorgesetzten zu überzeugen, forderte eine Sendung zum Thema Klimaschutz – und scheiterte kläglich. Ich war einfach zu früh dran. Die Folge: Ich kündigte, hing meinen einstigen Traumjob an den Nagel, um mich fortan als „Green Janine“ durchzubeißen. Veranstaltungsmoderationen und Vorträge zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit – das sollte ab sofort mein Job sein. Aber die Ökoszene beäugte mich kritisch. Was will diese ehemalige Boulevardjournalistin bei uns? Meint die das ernst? Und kennt die sich wirklich aus?

Die ehemalige RTL Explosiv-Moderatorin Janine Steeger hat 2011 ihren Weg in ein umweltfreundlicheres Leben begonnen

Janine Steeger spricht auf dem Deutschen Nachhaltigkeitstag. Credit: Christian Köster, DNP 17

   

Klimaschutz ist nicht schwarz-weiß. Und auch kein ‚straighter‘ Weg. Es ist ein Prozess, gespickt mit Experimenten, die auch scheitern dürfen.

Ich habe in den vergangenen zehn Jahren unzählige Gespräche geführt und verstanden, dass es bei dem Thema Klimaschutz keinen Anspruch auf Perfektion geben darf. Weder bei Privatleuten noch bei Unternehmen. Natürlich ist es wichtig, dass bestimmte Gruppen hehre Ziele verfolgen. „Think big“ ist auch mein Motto. Und selbstverständlich darf sich niemand mit Minimalzugeständnissen aus der Affäre ziehen und daraus dann noch eine große PR-Nummer machen. Aber es bringt auch nichts, wenn wir uns wie Kampfhähne gegenüberstehen und es nicht schaffen, kompromissbereit aufeinander zuzugehen. Denn dann sind wir handlungsunfähig. Und das ist das Schlimmste, was passieren kann. Denn dann ist Stillstand. Und wir brauchen das Gegenteil.

Janine Steeger

   

Wir müssen viel, viel schneller werden beim Klimaschutz.

Große Unternehmen sind wie große schwere Tanker – die zu wenden dauert. Aber wenn sie dann mit voller Kraft in die richtige Richtung fahren, erzeugen sie auch die größte Wirkung. Deutlich wird das zum Beispiel bei dem Thema Palmöl. Wie oft habe ich schon von fast fanatischen Klimaschützer*innen gehört, dass Palmöl Teufelszeug ist, und man keine Produkte kaufen darf, in denen es vorkommt. Im Fritz for Future Podcast gehen wir differenzierter mit dem Thema um. Der Geschäftsführer von Solidaridad Deutschland sagt klipp und klar, dass es vollkommen irre wäre, Palmöl durch ein anderes Fett zu ersetzen, weil jede Alternative einen viel höheren Flächenverbrauch hätte. Also gar nicht gut. Es könne einzig darum gehen, Palmöl nachhaltig zu machen, im großen Stil zu zertifizieren und damit auch Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu unterstützen.

Ich habe einen krassen Wandel hingelegt. Von der jetsettenden Umweltsünderin zur Klimaschützerin. Am Beginn dieses Weges bin ich selbst kurz radikal geworden, aber inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass es so nicht geht. Deshalb sehe ich meine Rolle inzwischen als Mittlerin, als Botschafterin. Zwischen Klimaaktivist*innen und Unternehmen. Weil ich überzeugt bin, dass die allermeisten das gleiche Ziel haben. Den Planeten zu retten und ihn für nachfolgende Generationen lebenswert zu erhalten.