Ramesohl: Wir geraten natürlich immer in Schwierigkeiten, wenn wir einem relativen Problem mit einer sehr radikalen Lösung wie einem Verbot begegnen. Ein Verbot ist eigentlich das letzte Mittel, zu dem wir greifen sollten. Und wenn ja, in welchem Fall? Zum Beispiel zur akuten Schadensabwehr, zum Schutz der Gesundheit. Derart zugespitzt: Erfüllt die Plastiktüte diese Kriterien? Hier entsteht also ein Glaubwürdigkeitsproblem, da eine extreme Maßnahme (nämlich ein striktes Verbot) für ein vergleichsweise kleines Problem gewählt wird. Ich bin überzeugt, dass wir alle – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – lernen müssen: Es gibt keine absoluten, schnellen Lösungen, sondern wir sind auf einem Weg. Wir müssen viele verschiedene, vielleicht auch kleinere Schritte in die richtige Richtung gehen, um uns der Kreislaufwirtschaft anzunähern. Das ist natürlich deutlich mühseliger in der Kommunikation und Umsetzung. Zurück zu konkreten Beispielen: Interessant finde ich etwa zu beobachten, dass das Bio-Label bei Lebensmitteln mittlerweile eine gewisse Robustheit erreicht hat. Vereinzelte Lebensmittelskandale haben das Vertrauen in das Label selbst nicht beschädigt. Das bedeutet: Das System muss nicht perfekt, aber richtungssicher und lernfähig sein. Radikalpositionen wie das Plastiktütenverbot sind wiederum besonders anfällig für Missbrauch, Umgehung, Widerspruch und Enttäuschung beim Verbraucher. Dieses Wechselbad der Gefühle von Aufmerksamkeit für ein Problem, anschließende Euphorie über eine vermeintlich einfache und schnelle Lösung und anschließendem Frust sollte aus meiner Sicht unbedingt vermieden werden.