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Es gibt Technologien, die ganze Industrien aufwirbeln. Zu ihnen gehört Blockchain. Ein Jahrzehnt nach dem Durchbruch der Kryptowährung Bitcoin ist die ihr zugrundeliegende Technologie im Begriff, weite Teile der Wirtschaft nachhaltig zu verändern.
Nicht nur in der IT-Industrie wird Blockchain als Wegbereiter für die vernetzte und hochkomplexe Zukunft gefeiert – zahlreiche Branchen haben das Potenzial von Blockchain für sich erkannt. “Blockchain verändert Unternehmen und Organisationen weltweit – über alle Bereiche hinweg“, sagt Rodolfo Quijano, Leiter des Bereichs Electronic Data Interchange and Blockchain Consulting bei Henkel. Schon immer interessierte sich der gebürtige Mexikaner für Zukunftstechnologien. Seit sechs Jahren begleitet er die Digitalisierung des Unternehmens. So arbeitete er an der Einführung des ersten E-Commerce-Portals von Henkel in Lateinamerika und beschäftigt sich seitdem vor allem damit, Technologien wie Cloud, Big Data oder mobile Endgeräte für Innovationen nutzbar zu machen. Zu seinen Aufgaben als „Technologie-Scout“ gehört es nicht nur, ein Bewusstsein für neue Technologien schaffen und sich mit den Start-Ups und Anbietern zu vernetzen, die diesen Wandel vorantreiben, sondern auch, die Adaption und Integration vielversprechender Technologien in die IT-Architektur von Henkel zu unterstützen. Meist trifft man ihn auf dem Henkel-Campus in Düsseldorf, ins Gespräch mit Kollegen vertieft, oder bei Start-Up-Events, immer auf der Suche nach neuen Ideen. Blockchain ist eine sehr junge Technologie und ihre Nutzung in der Unternehmenswelt steht noch am Anfang, doch das tut Quijanos Begeisterung für das Thema keinen Abbruch. Im Gegenteil. „Mit Blockchain können Unternehmen Transaktionen jeder Art durchführen, ohne dass eine Bestätigung durch eine dritte Partei, zum Beispiel eine Bank, notwendig ist“, sagt er. „Darin steckt ein riesiges Potenzial, das Unternehmen frühzeitig erkennen und nutzen sollten.“
Blockchain wird bereits als Technologie der Zukunft gefeiert. Virtuelle Transaktionen werden über eine Blockchain dezentral gesichert und können jederzeit nachverfolgt werden. Zuerst gerieten deshalb die Banken in Zugzwang, die als Dienstleister bei diesem Prozess nicht mehr unbedingt benötigt werden. Die „Drei T’s“ der Blockchain – Vertrauen (Trust), Nachverfolgbarkeit (Traceability) und Fälschungssicherheit (Tamperproof) – können aber auch in vielen anderen Bereichen Prozesse vereinfachen, die Transparenz erhöhen und Innovationen ermöglichen.
Blockchain ist nicht für Dienstleistungsunternehmen interessant. Auch Henkel möchte diese Vorteile nutzen und beschäftigt sich deshalb intensiv mit der Blockchain-Technologie. Dafür wurde ein eigenes Team gegründet, das die Suche nach möglichen Anwendungsgebieten für Blockchain unternehmensweit vorantreibt. Dazu gehören Kollegen aus Standorten in der ganzen Welt. „Unser Team hält immer nach Trends Ausschau, die wir für unser Geschäft nutzen können“, sagt Quijano. Doch geeignete Anwendungsfeldern für eine innovative Technologie wie Blockchain zu identifizieren sei auch eine Herausforderung: „Wir können nicht einfach von den Erfolgen anderer profitieren und diese auf unser Geschäft anwenden.“ Denn fast alle Unternehmen stehen mit ihrem Engagement in Sachen Blockchain noch am Anfang. Es gibt kaum Projekte, die schon so weit umgesetzt wurden, dass sie als Blaupause für andere Marktteilnehmer dienen können.
Deshalb schlägt das Team um Quijano den umgekehrten Weg ein: „Wir sprechen mit ganz unterschiedlichen Stakeholdern aus allen Bereichen des Unternehmens über Prozesse und Herausforderungen – und schauen dann, wo Blockchain eine Lösung sein könnte.“ Im Zentrum stehen dabei immer die Kollegen, die engen Kontakt mit Endkunden oder den wichtigsten Geschäftspartnern haben. In Interviews oder sogenannten „Discovery Workshops“ identifizieren sie erste Ideen und entwickeln gegebenenfalls einen Prototyp, der das entsprechende potenzielle Anwendungsfeld beschreibt. „Manchmal werden konkrete Herausforderungen an uns kommuniziert – häufig übernehmen wir aber die Initiative und bringen erste Ideen ein, um die Diskussion zu starten“, sagt Quijano. Denn um eine Lösung für ein Problem zu finden, muss man erst einmal erkennen, dass man eines hat. Deshalb sind zwei Aspekte ganz wesentlich: Kooperation und Kommunikation. Zum Beispiel über das unternehmensinterne soziale Netzwerk Yammer: In der stetig wachsenden Blockchain-Community tauschen sich Kollegen hier regelmäßig zu den aktuellsten Entwicklungen aus.
Genau so konnte das Team im letzten Jahr bereits zahlreiche Anwendungsfälle für Blockchain im Konzern identifizieren.
„Es kommt entscheidend auf Partnerschaften an. Wir suchen vor allem nach Anwendungen, die unsere Geschäftsprozesse verbessern, Kostenvorteile bringen oder neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen“, sagt Andrea Teichmann, die bei Henkel für den Excubator und das Trend Scouting des Bereichs Integrated Business Solutions zuständig ist. Seit Sommer 2017 arbeitet sie mitten im „Blockchain-Hotspot“ Berlin – die Stadt gilt nach London und New York als einer der weltweiten Hauptknotenpunkte für Blockchain-Entwickler. „Berlin ist vielfältig, innovativ und angesagt“, sagt Teichmann. „Das zieht die besten Talente weltweit an.“ Das Silicon Valley habe im Bereich Blockchain eine deutlich geringere Bedeutung. In der deutschen Hauptstadt hingegen haben mehr als 60 Blockchain-Start-ups ihren Sitz. „Hier werden die Innovationen von morgen gemacht. Es ist wichtig für uns, vor Ort zu sein. So bekommen wir nicht nur technologische Fortschritte mit, sondern auch die damit verbundenen ideologischen Diskussionen. Das hilft uns bei der Einordnung des Status Quos und gibt uns einen Ausblick über die relevantesten Entwicklungen.“
Denn so wie eine Blockchain nur als Summe aller Teile funktioniert, kann auch ihre Adaption in der Unternehmenswelt nur in Kooperation funktionieren. „Wir arbeiten eng mit internationalen Konzernen, Organisationen und Start-Ups zusammen“, sagt Teichmann. Denn obwohl es Blockchain seit zehn Jahren gibt, werden erst jetzt Standards, Spezifikationen und Zertifikate entwickelt, die eine breitere Nutzung ermöglichen. „Es wird viel aufgebaut und ausprobiert. Aber gerade diese starke Aktivität führt eben auch dazu, dass die Technologie zum Teil nicht zielführend genutzt wird.“
Umso wichtiger sei es, mit verschiedenen Partnern im Blockchain-Umfeld zu sprechen, um Einzelmeinungen zu relativieren, unterschiedliche Aspekte in die unternehmerische Bewertung mit einzubeziehen und die besten Partner für die Umsetzung von Blockchain-Lösungen zu identifizieren. Auf Branchenevents wie der Blockchain Week in Berlin tauscht sich Henkel mit Unternehmen und Start-ups aus. „Als Mitglied des Blockchain Circles organisieren wir aber auch eigene exklusive Veranstaltungen“, sagt Teichmann.
Kürzlich ist Henkel auch der Enterprise Ethereum Alliance (EEA) beigetreten. Das weltweite Konsortium verfolgt das Ziel, industrieübergreifende Kooperationen zu fördern und auf Basis der Ethereum-Technologie eine Software zu entwickeln, die in der Lage ist, komplexe und anspruchsvolle Anwendungen mit hoher Geschwindigkeit auszuführen. „Wir entwickeln Spezifikationen und Qualitätsstandards für Blockchain-Lösungen“, sagt Ron Resnick, Executive Director der EEA. „Das schafft Sicherheit für Unternehmen, die solche Lösungen von Drittanbietern kaufen.“ 2018 wurden erste Spezifikationen veröffentlicht, die sich mit Leistung und operativer Effektivität befassen. Ein Zertifizierungsprogramm soll 2019 folgen.
Schon jetzt laufen bei Henkel die ersten Pilotprojekte. Gemeinsam mit der Organisation GS1, die Unternehmen bei der Optimierung ihrer Wertschöpfungsketten unterstützt, arbeitet Henkel zum Beispiel an einem digitalen, über Blockchain gesicherten Tauschprozess für Transportpaletten.
In der nächsten Zeit geht es Quijanos Team darum, die identifizierten Anwendungsbeispiele zunächst zu priorisieren und dann nach und nach umzusetzen. „Wir werden mehrere Pilotprojekte starten, teilweise aber auch vorerst Prototypen erstellen“, sagt Quijano. „Wir wollen langsam starten und dann skalieren.“ Langfristiges Ziel: ein umfassendes Blockchain-Ökosystems für den Konzern entwickeln und umsetzen.
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