Entdecken Sie die Marken und Technologien unserer Unternehmensbereiche Adhesive Technologies und Consumer Brands.
Sechshundertfünfzig Kilo. Mit Übergepäck – unzähligen Kartons, Kisten und Europaletten – brachen Susanne Volkmann und ihre Freundin die Kinderintensivärztin Ines von Rosenstiel vor 17 Jahren zu ihrer ersten „Hilfsmission“ nach Nepal auf. Medizinisches Equipment, Desinfektionsmittel, Verbandsmaterial, Multivitamine sowie Wund- und Heilsalben hatten sie dabei.
Acht Jahre zuvor war die Düsseldorferin zum ersten Mal als Touristin in das asiatische Land gereist. Wenig Strom, verunreinigtes Wasser und schlechte hygienische Verhältnisse. So sah das Leben im Dorf aus. Die Frauen dort arbeiteten hart und viel. Vor allem auf dem Feld. „Da muss sich etwas ändern“, hatte sie sich damals gesagt. Und getan.
Ab diesem Zeitpunkt besuchen Susanne Volkmann und die niederländische Kinderärztin von Rosenstiel das Land jährlich – und bekommen immer mehr Unterstützung: Ein Team von bis zu 25 Ärzten und Helfern aus Deutschland, den Niederlanden und England arbeitet zusammen. Sie untersuchen und behandeln die Kinder. Falls nötig impfen sie sie und bringen schwer erkrankte Kinder zur stationären Aufnahme ins Kinderkrankenhaus. Über 10.000 Kinder zwischen Null und 13 Jahren konnten sie so helfen. „Auch Spezialisten hatten wir jedes Mal mit dabei“, sagt Volkmann. Zum Beispiel Kinderärzte, Kinderchirurgen, Orthopäden, Augenärzte oder auch Zahnärzte. „Einem Kind mussten einmal elf Zähne gezogen werden. Der Karies hätte in den Körper gestreut es wäre zu schwerwiegenden Krankheiten gekommen an dem ein Kind sterben kann.“ Um dies zu verhindern, hält das Team Hygieneschulungen. Lehrer, Eltern und Kinder werden beispielsweise aufgeklärt, wie man sich richtig die Hände wäscht und die Zähne pflegt. Auch Hygiene im Haushalt ist ein wichtiges Thema. Gesprochen wird dabei Englisch. Kein Problem für die Nepalesen, denn das ist auch die Sprache des Schulsystems. Eine der Helferinnen hat sogar in kürzester Zeit Nepali gelernt, erinnert sich Volkmann: „Das war unglaublich!“
Gemeinsam hat das Team ein eigenes Computerprogramm entwickelt, mit welchem die körperlichen Untersuchungen dokumentiert werden können: Größe, Gewicht, Kopfumfang, Untersuchung und Behandlung der Kinder wird festgehalten. „Wir achten darauf, die Projekte, die in der Regel drei bis fünf Jahre dauern, nachhaltig medizinisch zu betreuen“, erklärt Volkmann. 60 bis 70 Prozent der Kinder können sie dadurch zurückverfolgen. „Wir sehen so, dass sie vorankommen.“
„Man gewinnt die Kinder so schnell lieb“, sagt Susanne Volkmann. Trotzdem liegen ihr zwei besonders am Herzen: Ihre Patenkinder, die sie jedes Jahr besucht. Avina Tamang hat sie mit acht Jahren in einer Dorfschule kennengelernt. Als „Glückstag“, der ihr Leben und das ihrer Familie verändert hat, bezeichnet die junge Nepalesin diesen Tag. Sie stammt aus der untersten Kaste in Nepal, ihre Eltern sind Farmer, sie hat vier Geschwister. Ihr Geburtsort Tipling, zwei Tagesmärsche und drei Busreisetage von Kathmandu entfernt. Heute studiert die 21-jährige Mikrobiologie in der Hauptstadt. An einem der besten Colleges im Land. „Es ist eine Freude, sie jetzt zu sehen“, sagt Volkmann stolz. Ihre jahrelange finanzielle Unterstützung ermöglicht es der jungen Frau sogar, ein weiterführendes Studium in Europa, Deutschland, Düsseldorf anzustreben. „Ich danke Gott, dass ich Susanne getroffen habe! Ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich bin“, sagt Avina. „Sie ist wie eine zweite Mutter für mich.“ Auch ihre Familie unterstützt sie in ihren Plänen. Mit ihr ist Volkmann heute ebenfalls befreundet: „Wenn ich Avina besuche, nimmt die ganze Familie den Weg bis nach Kathmandu auf sich, um mich für einen Tag zu sehen.“ Selbstgemachten Yak-Käse gibt’s als Willkommensgeschenk. Den Yak hat Volkmanns Schwiegervater der Familie geschenkt.
Dass Avina als Frau in Nepal eine solche Chance hat und vielleicht sogar im Ausland studieren wird, ist etwas Besonderes. „Ihre Familie und ihre Geschwister haben sie auf ihrem Weg unterstützt“, erklärt Volkmann. „Und Avina hat ihre Chance als Frau genutzt.“
Erfolgsgeschichten wie diese sind Highlights ihres ehrenamtlichen Engagements, das sich heute hauptsächlich auf soziale Projekte konzentriert. Susanne Volkmann erlebt jedoch auch die Schattenseiten: „Kinder sterben zu sehen, ist einfach schrecklich.“ Ihr kommen die Tränen, als sie erzählt, dass alle Krankheiten, die bei uns harmlos sind, in Nepal leicht zum Tod führen können. Unterernährung, Wunden, Masern. „Man fühlt sich so macht- und hilflos. Ein Albtraum.“ Besonders ein Besuch in der „Burn Unit“ im Bir-Krankenhaus in Kathmandu ist ihr im Gedächtnis geblieben. Noch immer gibt es in Nepal viele offene Kochstellen, die für Kinder sehr gefährlich sind, da sie leicht dort hineinfallen können. Auch viele Erwachsene, die sich an offenen Feuerstellen verbrennen, behandelt man unter anderem im Bir-Hospital. „Es passiert, dass Nepalesen solche Verbrennungen aus Unwissenheit selbst mit Zahncreme eincremen. Aus Geldnot werden die Verbände nicht gewechselt. Ich habe im Bir Hospital Kinder gesehen, die verbrannt waren und von ihren Eltern falsch behandelt wurden. Da sie kein Geld für den Verbandswechsel hatten, waren die Wunden schon von Ungeziefer befallen“, erzählt Volkmann.
Doch nicht nur medizinische Unterstützung leisten die Ehrenämtler: „Die Kinder freuen sich oft auch nur über ein bisschen Aufmerksamkeit und auch ihre Eltern sind dankbar, einfach weil wir da sind.“ Mütter präsentieren stolz ihre Kinder, die in den schönsten Gewändern gekleidet sind. Dankbarkeit für die Unterstützung zeigen die Nepalesen oft auch durch Aufführungen und Tänze. „Ein Ausdruck der Freundlichkeit, die bei den Menschen in diesem Land vorherrscht“, sagt Volkmann. Diese Lebenseinstellung fasziniert die 53-Jährige sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Und auch das Zusammenleben zwischen Hindus und Buddhisten bezeichnet sie als sehr friedvoll. Sie genießt die Spiritualität im Land.
„Ich reise sehr gerne in ferne Länder. Nepal bietet eine wunderschöne Natur mit traumhaften Bergen, wo man wunderbar wandern gehen kann.“
Susanne Volkmann über ihre Verbundenheit mit Nepal
Meistens aber besucht die Düsseldorferin eines der Projekte. Auch wenn ihr Engagement viel Zeit in Anspruch nimmt, ihren Beruf als medizinisch-technische Assistentin mit dem Ehrenamt zu vereinen, das war nie ein Problem. Denn die Henkel MIT-Initiative (Miteinander im Team) unterstützt Mitarbeiter in ihrem ehrenamtlichen Engagement. Beispielsweise mit bezahlten Freistellungstagen oder Sach- und Geldspenden.
Seit Beginn ihrer Arbeit in Nepal hat sich das Land verändert. Immer häufiger lassen sich Paare scheiden. Viele Frauen werden dann mit ihren Kindern alleine zurückgelassen. Wissen nicht, wie sie sie ernähren sollen, ihnen einen Schulbesuch ermöglichen oder ihnen im Notfall eine angemessene medizinische Versorgung bieten können. Volkmann erinnert sich an eine Familiengeschichte mit Happy-End: Eine hochschwangere Frau kommt ins Krankenhaus und bringt dort sicher Zwillinge zur Welt. Ein Jahr später braucht sie Hilfe. Die Kinder sind unterernährt. „Dieser Familie konnten wir helfen und haben die Kinder bis zu ihrem dritten Lebensjahr mitverfolgt.“
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig eine rechtzeitige und gute medizinische Unterstützung von schwangeren Frauen in einem Land wie Nepal noch immer ist. In einem Land, in dem die Müttersterblichkeit 20 Mal höher ist als in den meisten westlichen Ländern. Eine gute medizinische Versorgung für werdende Mütter und Neugeborene gestaltet sich vor allem in entlegenen Regionen sehr schwierig. Wie in Namjung. Das kleine Bergdorf liegt etwa sechs Stunden Fußmarsch vom nächstgrößeren Ort entfernt und leidet bis heute unter den Folgen des Erdbebens 2015. „Für Frauen und ihre kleinen Kinder ist die medizinische Situation in dem Bergdorf eine Katastrophe“, sagt Volkmann, die das Dorf bei einer ihrer Reisen bereits besucht hat.
„Das neue Mutter-Kind-Zentrum wird im nepalesischen Dorf Namjung gebaut.“
Susanne Volkmann über das von Henkel geförderte Projekt
Zusammen mit der Deutsch-Nepalesischen-Gesellschaft e.V. und dem Honorarkonsul Ram Thapa, der Susanne Volkmann von Anfang an bei ihren Projekten unterstützt, will sie dieses Problem nun angehen: Zum 20-jährigen Jubiläum der MIT-Initiative vergibt Henkel 2018 eine Sonderförderung an Volkmanns Projekt. Mit der Spende von 50.000 Euro wird nun ein Mutter-Kind-Gesundheits-Zentrum errichtet. Das Zentrum wird auch mit einem Geburtsraum ausgestattet sein, wo Schwangerschaftsvor und -nachsorge geleistet wird und Mütter ihre Babys sicher zur Welt bringen können. „Für Frauen und Kinder bedeutet das Zentrum pures Überleben“, sagt Volkmann.
Denkt Susanne Volkmann an all die Erfahrungen, die sie in den 25 Jahren, seitdem sie Nepal das erste Mal besuchte, gemacht hat, fällt es ihr schwer einen Moment herauszustellen, der für sie das schönste Erlebnis darstellt. So viele Momente seien bewegend. Auf die eine oder andere Art. „Ich habe viel Elend miterlebt. Und doch auch gleichzeitig so viel Sonnenschein.“